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Westgoten, Wisigoten [wohl von gotisch wisu »gut«], Wesegoten, Vesi|er, Terwingen, lateinisch Visigothae, Vesegothae, Vesi, Tervingi, Teilgruppierung der Goten, 291 n. Chr. als Terwingen erstmals bezeugt. Nach einer Niederlage gegen den römischen Kaiser Aurelian (271) und dem Rückzug der Römer aus Dakien nahmen Teile der Goten, die späteren Westgoten, das Gebiet westlich von Dnjestr und Pruth sowie nördlich der Donau beiderseits der Karpaten in Besitz. Erst auf der Flucht vor den Hunnen überquerten große Teile des terwingischen Volkes unter Fritigern 376 die Donau und baten um Aufnahme in das Römische Reich. Nach der für die Goten siegreichen Schlacht von Adrianopel (378) gegen Kaiser Valens schloss dessen Nachfolger Theodosius I. mit ihnen einen Föderatenvertrag (3. 10. 382; 392 erneuert) und wies ihnen in Thrakien (v. a. in Mösien) neue Wohnsitze zu. Von hier aus wanderten sie – damals immer noch ein polyethnischer Verband – unter ihrem König Alarich I. aus dem Geschlecht der Balthen 395 weiter und verwüsteten große Teile der Balkanhalbinsel. Mehrfach fiel Alarich, 397 vom oströmischen Kaiser Arcadius zum obersten Heermeister von Illyrien ernannt, in Italien ein und besetzte und plünderte 410 Rom. Erst während der (seit dem Donauübertritt) rd. vierzigjährigen Wanderung vollzog sich auf dem Boden des Römischen Reiches die Ethnogenese der Westgoten; aus dem ursprünglichen Völkergemisch entstand ein neuer Stamm. 418 erhielten die Westgoten unter König Wallia, der sich 416 den Römern ergeben hatte, Landzuweisungen in Aquitanien und begründeten als römische Föderaten das Tolosanische Reich. Als römische Verbündete kämpften sie gegen die Sweben in Spanien, wo sie unter Eurich 468 festen Fuß fassten. Mit der Niederlage von Vouillé bei Poitiers gegen die Franken verloren sie fast ganz Aquitanien (507). Das seitdem auf Spanien beschränkte westgotische Königreich von Toledo hatte bis 711 Bestand. Die Aufhebung des Mischehenverbots zwischen Westgoten und den an Zahl und Kultur überlegenen Romanen sowie der Übertritt vom Arianismus zum Katholizismus unter Rekkared I. 587 förderten die rasche Romanisierung der Westgoten und die Verschmelzung von Hispaniern und Westgoten, die vornehmlich in Zentralspanien nördlich des Tajo siedelten. 711 unterlagen die Westgoten unter ihrem letzten König Roderich in der Nähe des Flusses Guadalete den Angriffen der Araber. – Die Westgoten hinterließen Zeugnisse ihrer Baukunst und des Kunsthandwerks (spanische Kunst); sie schufen bedeutende Rechtskodifikationen (germanische Volksrechte), v. a. unter den Königen Eurich und Rekkeswind (649–672).

Werke[]

Weiterführende Literatur[]

D. Claude: Geschichte der Westgoten (1970);

P. D. King: Law and society in the Visigothic kingdom (1972);

P. J. Heather: The Visigoths from the migration period to the seventh century (1999);

W. Ebel-Zepezauer: Studien zur Archäologie der Westgoten vom 5.–7. Jahrhundert n. Chr. (2000);

E. A. Thompson: The Goths in Spain (Neuausgabe 2000);

H. Wolfram: Die Goten u. ihre Geschichte (Neuausgabe 2001);

M. Koch: Ethnische Identität im Entstehungsprozess des spanischen Westgotenreiches (2012).

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